|  "Blutberg" 
          von Ævar Örn Jósepsson (im Original "Blòðberg" von  2005)
"Tod in der Hölle"
 Die Baustelle des Kárahnjúkar  Kraftwerkes befand sich zwischen den Bergen Kárahnjúkar im Osten von Island  nahe der Ortschaft Reyðarfjörður nördlich vom Vatnajökull. Mit einer geplanten  Leistung von 690 MW, einem Stausee mit einer Fläche von 57 km² und einem  Hauptstaudamm mit einer Länge von 730 m und einer Höhe von 193 m ist es eines  der größten Wasserkraftwerke Europas.
 Das Kárahnjúkar Kraftwerk macht  die Wasserkraft der Flüsse Jökulsá á Brú, Jökulsá í Fljótsdal und Kelduá  nutzbar. Beide Flüsse haben ihren Ursprung im Nordosten des Gletschers  Vatnajökull. Der Gletscherfluss Jökulsá á Brú wird nahe des Berges Fremri  Kárahnjúkar aufgestaut und bildet den Stausee Hálslón. Kleinere Dämme stauen  den Fluss Jökulsá í Fljótsdal zum Stausee Ufsalón und den Fluss Kelduá in einem  dritten Reservoir. Vom Hálslón wird das aufgespeicherte Wasser über einen 53 km  langen Tunnel mit einem Durchmesser  von  etwa 7,5 m zum Kraftwerk geleitet und überwindet dabei einen Höhenunterschied  von fast 600 m.
 Durch diesen Bau gingen große  Naturflächen verloren. Der Stausee befindet sich im Herzen der zweitgrößten  unberührten Naturfläche, die etwa 1000 km² beträgt. Zusammen mit der  Kárahnjúkar-Schlucht verschwinden mehrere kleine Schluchten und Täler, an die  hundert Wasserfälle, Moore, Heidelandschaften und Feuchtgebiete unter  gewaltigen Wassermassen.
 Das Projekt war nicht leicht zu  verwirklichen, weil das Klima in Island in diesen Höhen sehr streng ist, so  musste zum Beispiel der Beton im Winter unter Planen mit Heißluft erwärmt  werden. Trotz Schneestürme und Wind wurde das Projekt während des ganzen Jahres  fortgesetzt und die Straßen offen gehalten. Bis zu 1800 Arbeiter, meistens  Chinesen,  lebten in Kárahnjúkar in sieben  verschiedenen Containercamps.
 
 Dies ist der Hintergrund des  Kriminalromanes von Ævar Örn, der in Island im Jahre 2005    erschienen ist. Ein Jahr später, am  28.09.2006, wurde das Wasser erstmalig aufgestaut.
 
 Es ist Winter auf Island. Die Bauarbeiten  am größten und umstrittensten Bauprojekt in Island sind im vollen Gange. Da  stürzt ein Grat in die Schlucht. Der Bergsturz begräbt sieben Menschen unter  sich. Sechs Tote werden geborgen nur ein portugiesischer Arbeiter überlebt  schwerverletzt. Kurz darauf verübt Ásmundur Arason, der leitende  Sicherheitsbeauftragte Selbstmord. Der Selbstmord eines Mannes, der für die  Sicherheit der Baustelle verantwortlich war. Kurz darauf wird bekannt, dass es  Drohbriefe einer Organisation gibt, die sich "Grüne Armee" nennt und  deren Ziel es ist, das Projekt zu verhindern. In den Briefen wird vor  Anschlägen gewarnt, falls die Arbeiten auf der Baustelle nicht eingestellt  werden. Und schließlich macht der verletzte portugiesische Arbeiter die  Aussage, dass er vor dem Bergsturz eine Explosion gehört hatte. War es also  doch ein Anschlag? Also Mord? Aus Reykjavik wird die Polizeitruppe rund um Stefán  Einarsson in den Osten geschickt, um den Fall zu untersuchen. Zusammen mit  Kollegen von der IKA, der internationalen Abteilung, die auf Terrorabwehr  spezialisiert ist.
 
 Bald stellt sich heraus, dass es  viele Anhaltspunkte für ein Verbrechen gibt und dazu kommt eine Vielzahl an  Verdächtigen. So ermitteln die Polizisten, dass es rund um die Baustelle einen florierenden  Drogenhandel gibt und auch ein Angebot an Prostituierten. Auch Alkohol floß  reichlich. Die Arbeitsbedingungen sind menschenunwürdig und schlecht bezahlt,  die Sicherheitsbedingungen oft vernachlässigt. Die Verantwortlichen für diese  dunklen Geschäfte waren alle unter den Opfern des Anschlags. Das Team von Stefán  untersucht den Fall nun unter diesen neuen Erkenntnissen von allen Seiten, während  die IKA von einem Terroranschlag der "Grünen Armee" ausgeht. Da  geschieht ein zweiter Anschlag. Eine Brücke wird gesprengt.. Bald stellt sich auch  heraus, dass es sich bei dem angenommenen Selbstmord von Arason um Mord handelte.
  Es gibt also viel Arbeit für Stefán  und seine Kollegin und Kollegen aus Reykjavik. Wir treffen auf die bekannten Polizisten,  die wir schon aus dem Krimi "Dunkle Seelen" kennen.  "Blutberg" ist der nachfolgende Kriminalroman. Wieder beschreibt Ævar  Örn die Gegensätze in der isländischen Gesellschaft. Hier am Beispiel des Kárahnjúkar  Kraftwerkes. Die gegensätzliche Positionen werden hier auch innerhalb des Teams  aufgezeigt. Guðni, der "Kotzbrocken" in der Truppe, ist für das  Projekt und Katrín empfindet die Zerstörung der Landschaft als Verbrechen. Und  dies ist das Dilemma der isländischen Gesellschaft, das nach der Finanzkrise  größer ist denn je. Auf was soll man setzen? Auf grünen sanften Tourismus, auf  Erhalt der Landschaft und der einzigartigen Natur oder auf die Gewinnung  billiger Energie und damit der Ansiedlung von Industrie? Eine Frage, welche die  Isländer wohl selbst beantworten müssen.Wieder legt Ævar Örn den Finger  in eine Wunde der isländischen Gesellschaft.  Aber dies ist ja zu erwarten, von jemandem, der  Journalistik und Politik studiert hat und der seine Kriminalromane dazu  benutzt, diese Probleme und Mißstände zu thematisieren.
 
 Es ist nun nicht so, dass seine  Bücher deshalb nicht spannend und unterhaltsam sind. Dazu schreibt Ævar Örn zu  gut. Seine Personen entwickeln sich, haben ihre Macken und Schwächen. So muß Guðni,  der "Stinkstiefel" im Team, in diesem Buch erkennen, dass auch er  nicht vor Schicksalsschlägen gefeit ist und auch sein Leben eine andere Wendung  nehmen kann. Ebenso haben die Nebenpersonen ihre Geschichte und werden auf das  Genaueste beschrieben. Es gibt viele Nebenstränge, die auf verschiedene  mögliche Verdächtige hindeuten, die Situation der Arbeiter wird genau  beschrieben, die Langeweile, der Frust in diesem abgelegenen Teil von Island. Katrín  drückt es einmal im Buch so aus: "Es war irgendwie unwirklich da oben in Kárahnjúkar".  "Es war so...so groß. Und unübersichtlich. Und seltsam. Und diese Stimmung  da oben."
 
 Dieser Kriminalroman von Ævar Örn  zeigt die Menschen in all ihren Facetten. Ihre Verstrickungen, ihren Machtallüren,  ihrem Profitdenken und ihren Schwächen und Stärken. Er beschreibt auch, wie aus  etwas Gutem das Böse, das Schreckliche entsteht. Einfach, weil der Zufall (das Schicksal)  dem Menschen in die Quere kommt. Und dieses Buch macht deutlich, wie wenig die  Natur zählt, wenn die Menschen ihre Interessen über alles stellen.
 
 "Er stieg aus und blickte sich um. Der Himmel war blau und  wolkenlos, und die Sicht war so, wie sie nur an einem klaren isländischen  Wintertag im Hochland sein kann. Tief unter ihm wälzte sich der Gletscherfluss  in seinem gigantischen steinigen Bett, bis er in der Felswand knapp nördlich  davon verschwand. Die eigentliche Dimmugljúfur-Schlucht sah man wegen des  provisorischen Staudamms nicht. Hinter ihm lag das kahle Hochplateau, und im  Westen erhoben sich das Dyngjufjóll-Massiv und Herðubreið, die Königin der  isländischen Berge. Im Südosten ragte der Snæfell majestätisch zum Himmel und  machte seinem schneeigen Namen alle Ehre. Wenn er seine Augen mit der Hand  beschirmte, konnte er im Süden den riesigen Gletscher ausmachen, der wie eine  bedrohliche Wolkenwand auszurücken schien. Die Rentierherde hingegen war sehr viel  näher, sie hob sich im schnellen Lauf gegen den Gletscher ab, schien aber nicht  recht zu wissen, wohin es gehen sollte. Natürlich war das hier eine Schande,  und im Grunde genommen sogar ein Verbrechen. Aber das Gehalt war gut. Verdammt  gut."
 
 Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen
 © Januar 2010 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
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      |  "Dunkle 
          Seelen" von Ævar Örn Jósepsson (im Original "Svartir 
          englar" von 2003)
"Die schwarzen Engel des Todes"
 Die Ermittlergruppe um Stefán Einarsson sucht nach  einer verschwundenen Frau. Nach Birgitta Vésteinsdóttir, siebenunddreißig Jahre  alt, freiberuflich arbeitende Computerspezialistin, geschieden, Mutter von zwei  Kindern. Sie ist clever, sie ist teuer, und sie ist hart und verschwand spurlos  nach einem Diskobesuch. Die Polizisten wissen selber nicht, warum sie so  schnell nach dem Verschwinden der Frau die Ermittlungen aufnehmen müssen. Sonderbar  ist auch, dass sofort  umfangreiche  Ermittlungsakten zur Verfügung stehen. Mit allen Daten über Birgitta, so  scheint es. Wer hatte all diese Informationen zusammengestellt und wie? Und  wann? Am gleichen Morgen noch waren Suchmeldungen nach der Frau rausgegangen. Wer  hatte ein Interesse daran, die Frau so schnell zu finden und warum? Wer ist  derjenige, der weiß, warum die Polizei nach Birgitta suchen soll. Wer ist  derjenige, der sie finden will und es damit aus irgendwelchen Gründen besonders  eilig hat. Oder liegt demjenigen nicht die verschwundene Frau am Herzen sondern  ihr Laptop, der mit ihr verschwunden ist?
 
 Und was hat diese ganze Geschichte mit dem  zerkratzten Geländewagen des Steinar İsfeld Arnarson zu tun? Arnarson, Chef  eines Medienkonzerns und diverser weiterer mehr oder weniger bekannten Firmen,  der aber kurz vor dem Konkurs steht. Trotzdem wohl bekannt, ein gutaussehender  Mann und auch gut gestellt. Der Liebling der Medien, ein Senkrechtstarter in  der Finanzwelt. Ist es Zufall, dass diese Birgitta Vésteinsdóttir einige Male  für Firmen, die Steinar geleitet hat oder mit denen er etwas zu tun hatte,  gearbeitet hat und sogar zwei Jahre Angestellte einer Firma war, die ihm  gehörte? Und als die Polizei herausbekommt, dass er auch ein ziemlich enges persönliches  Verhältnis mit ihr hatte, verdichten sich die Verdachtsmomente gegen ihn. Aber  ist überhaupt etwas passiert? Eine Frau ist verschwunden? Aber es gibt keine  Leiche. Also auch keinen Fall? Aber wer interessiert sich so sehr für diese  Frau, dass er alle Hebel in Bewegung setzt, sie zu finden.
 
 Welche Behörde hat Interesse daran? Woran arbeitete  Birgitta zuletzt? Die Polizisten bekommen heraus, dass sie an einem Projekt, an  einem Kontrollsystem, in Zusammenarbeit mit Amerikanern gearbeitet hatte. An  etwas, was sie auf Island weiterentwickeln und erproben wollten, bevor es in  den USA zum Einsatz kommen würde. In Island, in dem es für solche Projekte  alles notwendige gibt. Eine computerisierte hochtechnisierte Gesellschaft mit  einem ähnlichen Konsumverhalten wie die Amerikaner, ein perfektes  Einwohnerregister, in das alle aufgenommen werden, und ein Volk, das mit Personenkennziffern  und persönlichen Daten verschwenderischer umgeht, als in vielen anderen  Ländern. Und bald fällt das Stichwort "Total Information Awareness".  Ein Kontrollsystem, ausgebrütet im amerikanischen Verteidigungsministerium nach  dem 11. September, mit einem unbeschränkten und im Grunde genommen  automatischen Zugriff auf alle Informationen, die in welchen Computern und wo auch  immer, der einen Internetzugang hat, gespeichert sind. Und es gibt Menschen in  Island in Schlüsselpositionen, die der Ansicht sind, dass an einem solchen  System nichts Verkehrtes ist und es als gut erachten, die Gelegenheit zu  bekommen, der Großmacht USA zu helfen, dieses System weiterzuentwickeln. Was  also ist auf dem Laptop von Birgitta gespeichert?
 
 Stefán Einarsson ermittelt unter Zeitdruck. Nicht nur,  dass ihm sein Vorgesetzter Druck macht, so möchte er auch in fünf Tagen in  Urlaub fahren. Zwar hat er seine Urlaubsvertretung schon geregelt aber die  Kollegin Katrín Anna Eiðsdóttir hat in einem solchen Fall noch nie allein  ermittelt. Und diese Entscheidung von Stefán verärgert den dritten Mann im  Team. Guðni Pálsson, der für sich ältere Rechte reklamiert. Ein Rauhbein, der  sich nicht immer an die Vorschriften hält. Der vierte im Bunde ist Árni  Eysteinsson. Der jüngste. Und so ist für Spannung auch innerhalb des Teams  gesorgt, Vor allem, als es auch noch eine undichte Stelle zu geben scheint, die  Informationen an andere Stellen weitergibt. Und jeder der Beamten hat noch  seine eigenen, große wie kleine, persönlichen Probleme. Katrín denkt an  Scheidung von ihrem Mann, Árni ist auf der Suche nach einer neuen Freundin, hat  aber Probleme mit Frauen allgemein. Stefán muß das Team zusammenhalten und Guðni  arbeitet seinen Frust ab.
 
 Und so verfolgen die Polizisten verschiedene  Spuren, vertiefen sich in das Privatleben von Birgitta. Aber der Fall verzweigt  und führt in verschiedene dunkle Gassen. In die dunklen Ecken der  Geschäftswelt, der Finanzjongleure und Steuertrickser, in die dunklen Korridore  der Macht und Geheimdienste und in die kalte Realität der Reykjaviker  Unterwelt. Ja bis hinüber in die USA zum Pentagon. Es gibt viel aufzudecken im  Privatleben von Birgitta Vésteinsdóttir, über ihren geschiedenen Mann, über  ihre Affären. Doch es gibt auch viele Geheimnisse um ihre Arbeit in den letzten  Wochen und Tagen bevor sie verschwand. Und nicht nur die Polizei sucht nach ihr  und ist an der Verschwundenen interessiert. Die Ermittlungen erstrecken sich  bald hinter die Kulissen der Politik, in die verwickelten Geldströme der  isländischen Wirtschaft und auch in die kalte Realität derer, die auf der  untersten Stufe der Gesellschaft stehen. Und wo schließlich die Lösung des  Falles gefunden wird.
 
 Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen
 © Februar 2008 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
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      |  "Skìtadjobb" 
          von Ævar Örn Jósepsson (2002)
Ein Mann wird tot auf dem Balkon eines Penthouses in 
          einem Hochhaus gefunden. Schleifspuren aus Blut auf dem Boden und die 
          Tatsache, daß der Verstorbene in einem komplett anderen Apartment 
          gewohnt hat, wirft Fragen auf, welche sich weiter vervielfachen, als 
          entdeckt wird, daß der Mann stinkreich war, einige zwielichtige 
          Freunde hatte, die verschwinden, zweifelhafte Bekanntschaften in der 
          Welt der Drogen. Um die Angelegenheit noch komplizierter zu machen werden 
          einige Heimvideos von nackten Frauen in seinem Apartment gefunden. In 
          den Hauptrollen eine langjährige weibliche Kollegin und seine siebzehn 
          Jahre alte Nichte.Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen
 "Skìtadjobb" ist ein Kriminalroman nach der skandinavischen 
          Schule, wo Versuchung, menschliche Schwäche und die isländische 
          Realität Bestandteil der Verbrecher ist, gerade so, wie bei den 
          Polizisten, die versuchen sie zu fangen. Die Geschichte führt uns, 
          neben anderen Dingen, durch die raue Unterwelt der Drogen, wo die beschissene 
          Natur des Menschen die beschissenen Verhältnisse deutlich übertrifft, 
          in denen er lebt.
 © Juli 2005 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
 
 
 
                  
 
                    | Buchtipp |  
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